Ein böses Erwachen an der Zollgrenze
Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihre S/4HANA-Migration erfolgreich abgeschlossen. Der Einkauf (MM) läuft, der Vertrieb (SD) bucht Aufträge. Doch dann bleibt Ihr erster großer Container für einen Kunden in den USA im Hafen stecken. Der Grund: Fehlende elektronische Zollanmeldung oder ein Verstoß gegen eine neue Sanktionsliste.
Das Problem: Viele Unternehmen verlassen sich im alten SAP ECC noch auf die integrierten „Foreign Trade“ (FT)-Funktionalitäten für einfache Exportprüfungen und Intrastat-Meldungen.
Die schlechte Nachricht: Diese alten FT-Funktionen gibt es in S/4HANA nicht mehr. Sie sind „deprecated“ (veraltet) und wurden gestrichen.
Wer international handelt und auf S/4HANA umsteigt, muss sich jetzt mit der Nachfolgelösung beschäftigen: SAP Global Trade Services (GTS). In diesem Beitrag klären wir, was GTS ist und warum es von einem „Kann“ zu einem „Muss“ wird.

1. Was ist SAP GTS eigentlich? (Die 3 Säulen)
GTS ist die spezialisierte Lösung von SAP, um die komplexen und sich ständig ändernden Regeln des internationalen Handels zu managen. Es ist kein reines Logistik-Tool, sondern ein Compliance- und Risiko-Management-Tool.
Es basiert auf drei Hauptsäulen:
- Compliance Management (Das „Gefängnis-Vermeidungs“-Modul): Hier geht es um Exportkontrolle. GTS prüft jeden Auftrag im SD und jede Bestellung im MM automatisch gegen aktuelle Sanktionslisten (z.B. EU, UNO, USA). Es prüft Embargos und ob für bestimmte Güter (z.B. Dual-Use) eine Ausfuhrgenehmigung nötig ist.
- Customs Management (Das „Waren-Fluss“-Modul): Dies ist die elektronische Kommunikation mit den Zollbehörden (z.B. ATLAS in Deutschland). GTS automatisiert Ausfuhr- und Einfuhranmeldungen und sorgt dafür, dass Ihre Ware nicht an der Grenze stehen bleibt.
- Risk Management (Das „Geld-Spar“-Modul): Hier geht es vor allem um Präferenzabwicklung (Freihandelsabkommen). GTS hilft Ihnen nachzuweisen, dass Ihre Ware z.B. „Made in EU“ ist, damit Ihr Kunde im Ausland weniger Zoll zahlen muss – ein enormer Wettbewerbsvorteil.
2. Die Gretchenfrage: Embedded oder Side-by-Side?
Mit S/4HANA ändert sich auch die Architektur von GTS. Sie haben nun zwei Möglichkeiten, es zu betreiben:
- Side-by-Side (Der Klassiker): GTS läuft auf einem eigenen Server, getrennt vom S/4HANA-ERP. Der Vorteil: Es belastet das ERP-System nicht und kann auch an Nicht-SAP-Systeme angebunden werden.
- Embedded GTS (Die neue Option): GTS läuft direkt innerhalb des S/4HANA-Systems (als „GTS edition for SAP S/4HANA“). Der Vorteil: Die Integration ist nahtlos, Daten müssen nicht repliziert werden, die IT-Landschaft wird simpler.
Welche Variante die richtige ist, hängt von Ihrem Transaktionsvolumen und Ihrer IT-Strategie ab.
3. Warum Sie das Thema NICHT aufschieben dürfen
Wir sehen es oft: GTS wird im S/4HANA-Projekt als „Randthema“ behandelt und ganz nach hinten geschoben.
Das ist riskant. Wenn die alten ECC-Funktionen wegfallen, entsteht eine Compliance-Lücke. Ohne ein funktionierendes GTS-Konzept können Sie am Tag 1 nach dem Go-Live möglicherweise keine Waren mehr rechtskonform exportieren.
Ein Verstoß gegen Exportkontrollvorschriften ist kein Kavaliersdelikt – er kann zu empfindlichen Geldstrafen und persönlichen Haftungsrisiken für die Geschäftsführung führen.
GTS ist die Versicherung für Ihren globalen Handel
Der Wechsel von ECC-Foreign-Trade zu SAP GTS ist mehr als ein technischer Wechsel. Es ist der Schritt hin zu einer professionellen, automatisierten und revisionssicheren Außenhandelsabwicklung.
In einer Welt, in der sich Sanktionen und Zölle über Nacht ändern können, ist ein manuelles Management dieser Prozesse keine Option mehr. S/4HANA zwingt Sie zu diesem Schritt – nutzen Sie ihn als Chance, Ihre Risiken zu minimieren.
Verlassen Sie sich aktuell noch auf die alten ECC-Außenhandelsfunktionen? Wissen Sie bereits, ob für Ihr Unternehmen ein „Embedded GTS“ oder ein „Side-by-Side“-Ansatz sinnvoller ist?











